Politik & Gesellschaft
Ernst Ulrich von Weizsäcker: Der Fußabdruck einer Generation
Auftakt der Veranstaltungsreihe „Verantwortung vor Gott – Verantwortung für die Menschen“ in der Neuapostolischen Kirche Stuttgart-Süd
Du runzelst die Stirn und fragst Dich: Was haben nachhaltige Entwicklung und Kirche miteinander zu tun? Wir, die Jugendinitiative der Nachhaltigkeitsstrategie Baden-Württemberg (JIN), wollen es herausfinden und machen eine Gemeinschaftsveranstaltung mit den drei Kirchen: katholische Gemeinde St. Maria, evangelische Markusgemeinde und die Neuapostolische Kirchengemeinde Stuttgart-Süd.
An insgesamt drei Abenden findet jeweils in einer der Kirchen ein Vortrag statt, der unter anderem die Verantwortung für Mensch, Tier und Umwelt – sprich für Gottes Schöpfung – aus christlicher Sicht in den Fokus rückt. Jeder Abend ist von einem anderen Thema überschrieben und wird durch unterschiedliche Referenten bereichert.
Der Auftakt am Abend des 18. September 2018 gebührte Ernst Ulrich von Weizsäcker, seit 2012 Co-Präsident des Club of Rome. In seinem knapp 90-minütigen Vortrag riss v. Weizäcker mit dem Titel „Der Fußabdruck einer Generation“ unterschiedlichste, gesellschaftsrelevante Themen an.
Zu Beginn nahm er Bezug auf den ökologischen Fußabdruck und warnte in diesem Zusammenhang vor dem stetigen Nach-Vorn-Rücken des Overshoot-Days: in 2017 fiel dieser bereits auf den 2. August. Als scheinbar einzige Lösungsmöglichkeit dieser bedrohlichen Entwicklung sieht Hr. v. Weizsäcker eine drastische Erhöhung der Ressourcenproduktivität (Produktivität der natürlichen Ressourcen, d. h. des Produktionsfaktors Boden).
V. Weizäcker fuhr fort mit der Abhängigkeit der Politik von den Finanzmärkten. Hierzu fordert er eindringlich auf zur Kontrolle der Finanzmärkte – ohne die wahrlich ein Demokratieverlust drohe.
Hinsichtlich des Pariser Klimaabkommens prägte er den Satz: „Wir sind nicht in der Lage, aus einer richtigen Diagnose die richtige Therapie zu entwickeln.“ – Wir sähen sehr genau die bedrohliche Entwicklung bspw. im Klimabereich, versuchten jedoch, dieses Ungleichgewicht durch (Wirtschafts-)Wachstum zu bekämpfen, was wiederum zu einem erhöhten CO2-Ausstoß führe.
Von Weizsäcker plädierte zudem für eine neue Aufklärung, welche die Zurückdrängung der „Analytischen Philosophie“ beinhalten müsse. In dieser neuen Aufklärung sieht er vor allem die Balance als wichtigstes Prinzip. Jegliche Dominanz stellt in seinen Augen eine Gefahr dar.
Gerade diese Balance sieht er als Herausforderung für die monotheistischen Religionen und fordert Theologen dazu auf, das Neue Testament noch einmal genau unter die Lupe zu nehmen und vor allem Balance-Aspekte zu betonen und nicht Rechthaberei hervorzuheben.
Die rund 120 Gäste aus den o.g. Kirchengemeinden sowie weitere Interessierte, die sich in der Neuapostolischen Kirche Stuttgart-Süd versammelt hatten, folgten Hr. v. Weizsäcker konzentriert durch die hoch komplexen Themen. – Für Impulse, die zum weiteren Nachdenken anregen, gerade auch aus dem christlichen Blickwinkel heraus, sorgte v. Weizäcker jedenfalls reichlich.
Nach der Beantwortung einiger Publikumsfragen wurde der offizielle Teil des Abends durch Bezirksapostel Michael Ehrich, Präsident der Neuapostolischen Gebietskirche Süddeutschland, beendet: Als Menschen, und besonders auch aus einer christlichen Verantwortung heraus, sei es wichtig, Verantwortung für das eigene Handeln und dessen Folgen zu übernehmen.
Der Abend klang anschließend bei Getränken, Fingerfood und vielen anregenden Gesprächen über die im Vortrag gehörten Themen aus. – Aus JIN-Sicht, das können wir schon jetzt sagen, hat sich die Kooperation mit den Kirchen gelohnt und die Möglichkeit der Annäherung an das Thema Nachhaltigkeit um interessante, nicht nur rein christliche Perspektiven erweitert.
Foto: NAK Stuttgart/Leonberg. Von links nach rechts: Wolfgang Oehler (Leiter des neuapostolischen Kirchenbezirks Stuttgart/Leonberg), Michael Ehrich (Präsident der Neuapostolischen Gebietskirche Süddeutschland), Dr. Tilo Knapp (Pfarrer der Evang. Markusgemeinde Stuttgart-Süd), Manfred Guggolz (Gemeindevorsteher der Neuapostolischen Kirchengemeinde Stuttgart-Süd), Ernst Ulrich von Weizsäcker (Ko-Präsident des Club of Rome, Referent des Abends), Udo Lutz (Priester der Gemeinde Stuttgart-Süd), Andréas Hofstetter-Straka (Pastoralreferent der Kath. Gemeinde St. Maria)
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