N!-Tage 2020: Wasserstoff-Lkw

Umrüstung auf Elektroantrieb verlängert Fahrzeugleben

Umweltminister Franz Untersteller und JIN begutachten den Umbau des 26 Tonnen schweren Hylix-B-Lkw zum Wasserstoff-Fahrzeug  

Am 19. September 2020 organisierte die Jugendinitiative der Nachhaltigkeitsstrategie Baden-Württemberg (JIN) im Rahmen der Nachhaltigkeitstage BW und der Energiewendetage BW eine Exkursion zur Firma ElektroFahrzeuge Stuttgart GmbH (EFA-S) nach Zell u. A.. EFA-S rüstet handelsübliche Nutzfahrzeuge markenunabhängig auf Elektrobetrieb um.  

Mit dabei der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller – herzlich begrüßt durch die Jugendbeiräte Sander und Valentin. Ebenfalls vor Ort war die Hochschulgruppe Crossing Borders Stuttgart e.V. der Universität Stuttgart, die sich für ein Umdenken in der Energieversorgung stark macht und Bildungsprojekte rund um erneuerbare Energien anbietet. 


Foto: Umweltminister Franz Untersteller auf dem EFA-S-Gelände (Martin Stollberg) 

Wie der Geschäftsführer Bastian Beutel der EFA-S gleich zu Beginn deutlich machte, ist eine Zusammenarbeit zwischen politischen und technischen Maßnahmen für eine erfolgreiche Energiewende unerlässlich.  

Klimaschutz und saubere Energie sind dabei nicht nur bei deutschen Autoherstellern Thema, sondern werden vor allem durch internationale Regularien wie dem Übereinkommen von Paris und dem European Green Deal getrieben, erklärte Prof. Dr. Ralf Wörner, Professor für Fahrzeugtechnik an der Hochschule Esslingen. Diese Regularien gelte es nun in die nationale Gesetzgebung zu überführen.

Auch Umweltminister Untersteller mahnte, dass die CO2-Emissionen im Verkehrssektor ständig zunehmen und sieht daher Elektromobilität, Wasserstoffantrieb und synthetische Kraftstoffe als zukunftsweisend. Er selbst kam mit seinem Elektroauto zur Besichtigung. 

Neben der Umrüstung von Verbrennern auf batterieelektrische Antriebe beschäftigt sich das Unternehmen seit 2020 im Reallabor Hylix-B damit, einen 26 Tonnen schweren Lkw auf eine wasserstoffbetriebene Brennstoffzelle umzurüsten.  

Das Reallabor wird mit Förderung des baden-württembergischen Umweltministeriums und unter Koordinaten der Hochschule Esslingen neben der realen technischen Umsetzung auch auf die Akzeptanz in der Gesellschaft eingehen.  

Besonders spannend: Der große Dieselmotor mit Abgasstrang und Katalysator wird durch einen kleinen Elektromotor ersetzt. Bei gleichem Drehmoment und gleicher Leistung ist nur ein Viertel der Kosten in der Herstellung nötig. Zudem liegt der Wirkungsgrad bei 90 %. Das ist deutlich höherer als die 50 % bei Dieselmotoren. 


Foto: Größenvergleich: Dieselmotor und Abgasnachbehandlung vs. Elektroantrieb bei gleichem Drehmoment und gleicher Leistung (Korinna Schmitz) 

Die aktuell geplante 100 kW Brennstoffzelle reicht für eine Streckendistanz von 50 – 100 km. Zukünftig möchte das Team auf eine Reichweite von 400 km kommen. Da dies allein durch einen batterieelektrischen Antrieb nicht gewährleistet werden kann, kommt Wasserstoff ins Spiel. Ein weiterer Vorteil des Wasserstoff-Antriebs ist die schnelle Betankung: in nur 15 Minuten ist der Lkw bereit zur Weiterfahrt. 


Foto: Die geplante 100 kW-Brennstoffzelle, die in den 26-Tonner eingebaut werden soll (Martin Stollberg) 

Was hier erprobt wird, hat Potential zur Vervielfältigung: Da jeder Lkw standardmäßig das gleiche Format, das heißt den gleichen Motoraufbau hat, kann theoretisch jeder Lkw in gleicher Weise umgerüstet werden. Damit sich die neue Technologie durchsetzen kann, müssen zum einen die Treibstoffkosten von aktuell 9,50 € pro kg deutlich gesenkt werden und zum anderen die Wasserstoffinfrastruktur weiter ausgebaut werden – auch über nationale Grenzen hinweg.  

Dass der umgerüstete Hylix-B-Lkw unter realen Bedingungen getestet werden kann (geplant ab Mitte 2021) ist dank einer H2-Tankstelle am Stuttgarter Flughafen möglich. Dann wird der Lkw in der Stuttgarter Gegend als Speditionsfahrzeug der Große-Vehne Speditions GmbH unterwegs sein. 


Foto: Der auf Elektro umgerüstete Transporter mit 3,5 Tonnen Gesamtgewicht basierend auf dem russischen Modell GAZelle NEXT (Martin Stollberg) 

Nachdem EFA-S in der Vergangenheit besonders Altfahrzeuge umrüstete, hat sich das Unternehmen nun darüber hinaus auch an Neufahrzeuge gewagt. Der Nutzfahrzeugehersteller GAZ aus Russland liefert dazu die nötigen Chassis. Fahrzeuge von näher liegendenen Automobilherstellern ohne integrierte Motoren waren in den vergleichsweise kleinen Mengenzahlen bislang nicht zu bekommen.  

Mit einer Reichweite von 200 km bieten diese batterieelektrisch betriebenen Modelle höhere Reichweiten als die durchschnittlichen 80 bis 100 km, die Fahrzeuge dieser Art üblicherweise im täglichen Einsatz zurücklegen. Eine Besonderheit ist außerdem, dass die Batterien frei von Kobalt und Nickel sind. 


Foto: Sander, Mitglied des Jugendbeirates, schaut sich die Zellen im Vorderraum des UPS-Fahrzeuges an. (Martin Stollberg) 


Foto: Valentin vom Jugendbeirat und Mitglieder der Hochschulgruppe Crossing Borders Stuttgart e.V. im Gespräch mit EFA-S Geschäftsführer Bastian Beutel (Korinna Schmitz) 


Bilder im Header: Martin Stollberg

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