Energie & Rohstoffe
Rheinfelden: Ohne Abfall, Abwasser und Abluft
Das südbadische Rheinfelden wird das weltweit erste stadtnahe, ultraeffiziente Gewerbegebiet.
1898 ging in Rheinfelden ein Laufwasserkraftwerk in Betrieb. Schnell siedelte sich Industrie an und es entstanden Arbeitersiedlungen. Die geographische Lage der Stadt aber begrenzt den Raum für Industrie und Wohnraum. Im Norden ist es der Schwarzwald und nur einige hundert Meter weiter im Süden der Hochrhein. Am anderen Ufer liegt die Schweiz. Daher sind in Rheinfelsen Kirchturm, Wohnhäuser sowie Industrie und Gewerbe nicht getrennt.
Der enge Raum brachte Stadt und Unternehmen auf die Idee, Energie und Ressourcen einzusparen und Emissionen zu vermeiden. So gibt es bereits ein firmenübergreifendes Leitungsnetz, über das Salzsäure, Wasserstoff und Dampf ausgetauscht werden.
Abwärme wird ins Netz eingespeist und dient dazu, Schulen und Wohnungen im Stadtgebiet zu beheizen.
Jetzt geht die Stadt noch einen Schritt weiter. Mit der Unterstützung von Wissenschaftler*innen aus Stuttgart strebt sie ein neues ehrgeiziges Ziel an: Sie möchte weltweit erstes stadtnahes, ultraeffizientes Gewerbegebiet werden.
Bis März soll das Konzept stehen
Bis 31. März 2019 legen die Wissenschaftler*innen um Ivan Bogdanov vom Fraunhofer IPA ein ganzheitliches Ultraeffizienzkonzept für die Industrieansiedlungen am östlichen Stadtrand und das Gewerbegebiet im Stadtteil Herten vor. Dabei arbeiten sie eng mit den ansässigen Unternehmen, der Stadtverwaltung sowie den zuständigen Fabrik- und Stadtplanern zusammen.
Das Konzept stützt sich auf die fünf Handlungsfelder der Ultraeffizienzfabrik:
- Material: ressourcenschonend wirtschaften, Stoffkreisläufe aufbauen und so viele Reststoffe wie möglich weiterverwerten
- Energie: regenerative Energiequellen erschließen, Abwärme speichern oder andernorts verwenden
- Emissionen: Abfall, Abwasser, Abluft und Lärm möglichst komplett vermeiden
- Mensch/Personal: Arbeitswege kurz halten, flexible, kooperative Arbeitszeitmodelle etablieren, soziale Einrichtungen in Gewerbegebiete integrieren
- Organisation: Dienstleistungen und Einrichtungen überbetrieblich gemeinsam nutzen, innovative Geschäftsmodelle an der Schnittstelle zum urbanen Umfeld
Was weckte das Interesse der Wissenschaft für Rheinfelden?
Bogdanov leitet das Arbeitspaket »Stadtnahe, ultraeffiziente Industriegebiete« im Rahmen des Projekts »Ultraeffizienzfabrik – Symbiotisch-verlustfreie Produktion im urbanen Umfeld«. Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg fördert das Projekt in der aktuellen Phase mit rund 1,3 Millionen Euro.
Um einen geeigneten Standort für das weltweit erste stadtnahe, ultraeffiziente Industriegebiet zu finden, haben sich Bogdanov und fünf weitere Wissenschaftler von den drei Stuttgarter Fraunhofer-Instituten IPA, IAO und IGB im Frühjahr auf die Suche nach Städten, Gemeinden und Unternehmen in Baden-Württemberg gemacht, die Effizienz- und Effektivitätsmaßnahmen auf allen fünf Handlungsfeldern der Ultraeffizienzfabrik in Industriegebieten planen oder bereits umsetzen. Dazu riefen die Forscher einen Wettbewerb aus.
Rheinfelden hatte aufgrund der Lage und des nachhaltigen Engagements von Stadt und Industrie gewonnen.
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Headerfoto: In Rheinfelden (Baden) liegen Industrie- und Gewerbegebiete oft in unmittelbarer Nähe zu Wohnsiedlungen / Quelle: Evonik Technology & Infrastructure GmbH/Foto: Erich Meyer Luftaufnahmen
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