Politik & Gesellschaft
Wählen ist kein Snackautomat
Die Bundestagswahl im September steht kurz bevor und irgendwie hast Du das Gefühl, ziemlich wirkungslos zu sein, egal welche Partei Du wählst? Wir zeigen Dir, woran das liegt und warum es sich trotzdem lohnt, wählen zu gehen.
Die Wahlbeteiligung der jungen Generation im Vergleich zur Wählerschaft im Rentenalter ist verschwindend gering. Dies lässt sich allerdings nicht nur mit Buzzwords wie Politikverdrossenheit der Generation Y erklären, sondern auch durch die Tatsache, dass mehr alte als junge Menschen in Deutschland leben. Die 18- bis 21-Jährigen stellen gerade mal 3,6 Prozent aller Wahlberechtigten. Mehr als 20 Prozent der Wahlberechtigten sind 70 Jahre oder älter. Die ältere Wählerschaft nimmt demnach immer mehr Einfluss auf die Wahlentscheidung.
Energiewende in den Wahlprogrammen
Nun liegt das Gefühl, mit der eigenen Wahlstimme nichts bewegen zu können, nicht nur daran, dass die ältere Generation bei der Abstimmung prozentual im Vorteil liegt. Darüber hinaus tragen die Parteien mit leeren Versprechungen ihren Teil dazu bei. Im Wahlprogramm der CDU/CSU beispielsweise ist im Hinblick auf die Energiewende zwischen 2013 und 2017 kein großer inhaltlicher Unterschied zu erkennen. 2017 heißt es:
„Moderne Stromspeichertechnologien sind für den Erfolg der Energiewende von großer Bedeutung. Unsere Anstrengungen bei der Forschung und bei der Förderung setzen wir fort" (S. 21).
Dieser Satz ließe sich auch problemlos mit dem Absatz aus dem Wahlprogramm 2013 ersetzen:
„Damit Strom auch in Zukunft immer an jedem Ort und zu jeder Zeit zur Verfügung steht, treiben wir den Ausbau der Stromnetze voran und entwickeln neue Speichertechnologien" (S. 29).
Es stellt sich die Frage, was die CDU/CSU in den letzten vier Jahren tatsächlich in dieser Hinsicht in Angriff genommen und erreicht hat. Dass noch immer 40 Prozent des Stroms durch die Verbrennung von Kohle erzeugt werden, spricht nicht gerade dafür, dass der Ausbau von erneuerbaren Energien und der damit verbundenen Notwendigkeit, die Speichertechnologien weiterzuentwickeln, ausreichend erfolgreich war.
Doch nicht nur die CDU/CSU tut sich schwer mit deutlichen Aussagen und klaren Formulierungen. Der Wille scheint zwar groß, jedoch scheitert die konsequente Umsetzung der gesteckten Ziele. So sieht die CDU/CSU im Wahlprogramm 2017 vor, dass „langfristig […] ein großer Teil der fossilen Energien wie Kohle, Öl und Gas durch umweltfreundliche Energien ersetzt werden [muss]" (S. 68).
Dabei kann langfristig so ziemlich alles bedeuten, je nachdem, was die Wahl so bringt. Ähnlich konkret äußert sich die SPD zum Thema in ihrem Wahlprogramm 2013:
„Wir setzen aber ebenso (noch) auf konventionelle Energieerzeuger, wie Kohle- und Gaskraftwerke, als Brückentechnologie, solange wir sie brauchen" (S. 35).
„Solange wir sie brauchen“ entspricht demnach einer Zeitspanne von mindestens vier Jahren und mehr. 2017 findet sich der Kohleausstieg im SPD-Wahlprogramm nur noch indirekt wieder, indem über den Strukturwandel in den von der Braunkohle geprägten Regionen philosophiert wird:
„Der Strukturwandel in der Energiewirtschaft wird sich fortsetzen. Ganz besondere Herausforderungen sind in den bisher durch die Braunkohle geprägten Regionen in der Lausitz, im Mitteldeutschen wie auch im Rheinischen Revier zu bewältigen" (S. 31).
Mit Worten wie diesen lassen sich möglicherweise kurzfristig Wählerinnen und Wähler gewinnen, zur Erreichung der Klimaschutzziele 2020 reicht es nicht.
Bei der Opposition geht es im Hinblick auf den Kohleausstieg schon etwas konkreter zu. Die Grünen fordern ein entsprechendes Gesetz und einen vollständigen Ausstieg bis 2030. Verlässlich ist dieses Ziel jedoch nicht unbedingt. Noch im November 2016 wurde auf der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen ein Kohleausstieg bis 2025 beschlossen.
Warum also trotzdem wählen, wenn alle versprechen, aber keiner hält?
Dass Politik nicht so einfach funktioniert wie ein Snackautomat, ist uns allen bewusst. Nach der Wahl bekommen wir eben nicht immer genau das, was eigentlich versprochen wurde und was wir wollen. Trotzdem lohnt es sich, Deine Meinung kund zu tun! In Diskussionen, Initiativen, Vereinen, Jugendparlamenten, Jugendgemeinderäten, Parteien und auch bei der Wahl. Das Gefühl durch die eigene Stimme nicht wirklich was bewegt zu haben, ist frustrierend. Noch frustrierender ist es aber, es gar nicht erst zu versuchen. Wenn Du nicht wählen gehst, werden es andere tun und für Dich entscheiden. Protest durch Nichtwahl funktioniert also nicht.
Falls du Dich überhaupt nicht für eine Partei entscheiden kannst, geh wählen und gib Deinen Wahlzettel ungültig ohne Kreuzchen ab. Damit nimmst Du zwar keinen Einfluss auf das Ergebnis, setzt aber ein Zeichen: Politik ist mir wichtig, allerdings fehlen fähige Parteien, die meine Interessen vertreten.
Obwohl Du mit deiner Stimme nicht immer eine konkrete Veränderung bewirken kannst – schon gar nicht auf kurze Sicht gesehen – übernimmst Du mit Deiner Entscheidung Verantwortung, indem Du das Feld nicht einsatzlos anderen überlässt.
Wenn Du beim Snackautomaten keinen Knopf drückst, kommt gar nichts heraus. Hast Du Dich hingegen entschieden zu drücken, erhältst Du im schlimmsten Fall ein lauwarmes Erfrischungsgetränk, das nur halb so gut schmeckt, wie das Bild auf dem Automaten vermuten lässt. Im besten Fall trinkt es sich gar nicht so schlecht. Natürlich hinkt dieser Vergleich. Der Automat spuckt auch ein zweites Getränk aus, wenn das erste nicht geschmeckt hat. Bei der Bundestagswahl im September gibt es keinen Zweitversuch. Umso wichtiger ist es, die erste Runde nicht zu verpassen!
Deine Meinung zählt